1) Empirischer Kernbefund: Menschliches Handeln beschädigt die „sichere Betriebszone“ des Planeten
Mess- und Bewertungsrahmen der Erdsystemforschung zeigen, dass zentrale Stabilitätsbedingungen bereits überschritten sind: In der Planetary-Boundaries-Aktualisierung (Science Advances, 2023) werden 6 von 9 Belastungsgrenzen als transgressiert ausgewiesen (u. a. Klima, Biosphäre, Landnutzung, Süßwasser, N/P-Kreisläufe, „novel entities“). Science
Parallel dazu bewertet der IPCC den menschlichen Einfluss auf die Erwärmung als „unequivocal“ (zweifelsfrei) und dokumentiert systemweite Änderungen (Ozeanwärme, Meeresspiegelanstieg, Versauerung). IPCC+1
Dass die politischen/ökonomischen Steuerungen nicht im nötigen Maß nachziehen, belegt regelmäßig der UNEP Emissions Gap Report (2025): Neue Zusagen senken die erwartete Erwärmung nur geringfügig und lassen hohe Risiken bestehen. UNEP - UN Environment Programme
2) Mechanismus A: Entkopplung von Tätigkeit und Konsequenz durch Externalisierung
In Ihrer Terminologie: Tätigkeit (Produktion/Konsum) erzeugt Abhängigkeits-Konsequenzen (Emissionen, Artenverlust, Giftstoffe, Wasserstress). In vielen Systemen werden diese Konsequenzen aber nicht dem Verursacher zugerechnet, sondern ausgelagert („externalities“). Genau das beschreibt die Klimapolitik- und Umweltökonomik seit Langem: Der Stern Review bezeichnet Klimawandel als größtes Marktversagen, weil Schäden nicht im Preis enthalten sind. climate-expert.org
Auch der Stiglitz-Sen-Fitoussi-Bericht zeigt, dass BIP/GDP als Leitmetrik zentrale Nachhaltigkeits- und Verteilungsinformationen systematisch ausblendet und so reale Folgekosten im „Symbol“ der Leistung unsichtbar bleiben. European Commission
3) Mechanismus B: Kollektive Dilemmata („Commons“) – Rational lokal, destruktiv global
Viele Existenzbedingungen (Atmosphäre, Ozeane, Biodiversität, Grundwasser) sind Gemeingüter. Hardins „Tragedy of the Commons“ beschreibt den robusten Befund, dass ohne wirksame Regeln individuell rationale Nutzung zur Übernutzung führt. Science
Das passt präzise zu Ihrer Logik: Die Symbolwelt erlaubt „Nutzungsrechte“ ohne gleichzeitige Rückkopplung der Schäden – dadurch kippt das System schleichend.
4) Mechanismus C: Psychologische Distanz – Konsequenzen werden kognitiv „entfernt“
Für globale Risiken ist gut belegt, dass sie häufig als räumlich/zeitlich/sozial distant verarbeitet werden. Studien zur psychologischen Distanz von Klimawandel zeigen, dass Menschen Auswirkungen zugleich als abstrakt-fern und nur teilweise als nah erleben – mit Konsequenzen für Handlungsbereitschaft und Priorisierung. Wiley Online Library+2ScienceDirect+2
In Ihren Begriffen: Die Kunstfigur (Selbstbild/Narrativ) bleibt stabil, weil die Rückkopplung der Folgen nicht „körpernah“ ankommt.
5) Mechanismus D: Moralische Entlastung in Symbolsystemen (Verantwortungsdiffusion)
Banduras Forschung zu moral disengagement zeigt Mechanismen, mit denen Menschen Selbstsanktionen deaktivieren können: euphemistische Etikettierung, Verantwortungsverschiebung, Diffusion in Hierarchien/Organisationen, Entmenschlichung oder Bagatellisierung der Folgen. PubMed
Organisations- und Verwaltungssysteme verstärken genau diese Effekte: Viele kleine Beiträge (jeweils „legal“, „normal“, „alternativlos“) addieren sich zu großen Schäden, ohne dass ein Akteur die volle Konsequenz erlebt.
6) Institutionelle Verstärker: Rechts- und Finanzkonstrukte können Risiko systematisch erhöhen
Ein konkretes, gut untersuchtes Beispiel für „Konstrukte mit Realfolgen“ ist limited liability (Haftungsbegrenzung): Sie erleichtert Investitionen, kann aber auch exzessive Risikobereitschaft und Verlust-Externalisierung fördern (Moral Hazard). Empirische und experimentelle Arbeiten zeigen, dass Haftungsbegrenzung und Moral Hazard Risikoverhalten und Selbstrechtfertigung beeinflussen können. INFORMS Pubs Online+1
In Ihrer Sprache: Das Symbol „juristische Person/Haftungsform“ verschiebt Rückkopplungen – die Konsequenzen landen nicht dort, wo die Tätigkeit entschieden wurde.
7) Präzise Übersetzung Ihrer These in prüfbare Aussagen (ohne Metapher)
Ihre Kernaussage („Kunstfigur/Symbolwelt ignoriert Tätigkeits- und Abhängigkeits-Konsequenzen“) lässt sich wissenschaftlich als Entkopplungshypothese formulieren:
- Je größer Distanz/Verzögerung/Komplexität der Rückkopplung, desto höher die Wahrscheinlichkeit systematischer Übernutzung (kompatibel mit Commons-Logik und psychologischer Distanz). Science+1
- Je stärker Schäden externalisiert werden (Preis-/Haftungs-/Messsysteme), desto stabiler bleiben schädliche Routinen trotz wachsender Gesamtrisiken (kompatibel mit „Marktversagen“ und GDP-Limit-Diagnose). climate-expert.org+1
- Je stärker moralische Entlastungsmechanismen verfügbar sind (Diffusion, Verantwortungsverschiebung), desto leichter wird die reale Konsequenz im Symbolsystem neutralisiert. PubMed
