6.7.2025
Plastische Erkenntnistheorie: Vom asymmetrischen Weltverhältnis zur ästhetisch-ethischen Kalibrierung
Die plastische Philosophie, wie sie in dieser Theorie entworfen wird, bricht mit klassischen erkenntnistheoretischen Paradigmen, indem sie das Subjekt nicht als autonomes, beobachtendes Zentrum fasst, sondern als rückmeldungsfähigen, funktional eingebundenen Träger im Verhältnis zur Welt. Erkenntnis ist kein distanzierter Repräsentationsakt, sondern ein tätiger, rhythmischer, asymmetrischer Formbildungsprozess, der sich aus Spannung, Resonanz und Kalibrierung speist.
Im Zentrum steht das asymmetrische Verhältnis von 51:49, das als Grundfigur jeder Erkenntnis dient. Es ersetzt die klassische Vorstellung symmetrischer Erkenntnislogiken durch ein plastisches Modell, in dem Wahrheit nicht aus Gleichgewicht, sondern aus Differenz und Rückbindung entsteht. Erkenntnis bedeutet: auf Spannung antworten, im Widerstand Form erzeugen, im Zwischen Verantwortung übernehmen.
Diese Theorie ist weder idealistisch noch materialistisch im klassischen Sinne, sondern relationell. Sie fragt nicht „Was ist?“, sondern „Wie formt sich Welt im Verhältnis?“. In diesem Sinne sind Begriffe wie Gravitation, Zeit, Leben, Kunst oder Gesellschaft keine Gegenstände, sondern Momente eines kohärenten, plastischen Weltzugangs.
I. Warm und kalt: Ästhetik als plastisches Verhältnis
Die Theorie unterscheidet zwischen warmer und kalter Ästhetik. Diese Differenz ist nicht stilistisch oder emotional gemeint, sondern erkenntnistheoretisch. Eine warme Ästhetik erlaubt plastische Rückkopplung – sie ermöglicht Weltbildung. Eine kalte Ästhetik hingegen ist abgeschlossen, steril, isoliert. Ein Beispiel: Eine Kartoffel, die man wieder in die Erde legt, steht für warme Ästhetik – sie kann Welt erzeugen, Differenz entfalten, Fruchtbarkeit initiieren. Legt man dieselbe Kartoffel in eine Aluminiumschale, beginnt sie zu verfaulen: abgeschnitten vom Verhältnis, nur noch Objekt der Zersetzung.
Ästhetik wird so zu einem Ort ethischer Verantwortung. Es geht nicht mehr um Schönheit als Reiz, sondern um Weltbezogenheit als Fähigkeit. Kalte Ästhetik ist abgeschnittene Techne, warme Ästhetik ist plastische Handlung. Die ästhetische Frage lautet nun: Was kann dieses Ding – im Verhältnis? Was erzeugt es – nicht im Blick, sondern in der Welt?
II. Kontrast zu klassischen Denkformen
Die plastische Philosophie unterscheidet sich grundlegend von zentralen klassischen Denkmodellen:
Platon verlegt Erkenntnis in die transzendente Idee, fern der Welt. Das Höhlengleichnis steht für vertikale Flucht: Ausstieg statt Einbindung. Plastisches Denken hingegen bindet Wahrheit an Widerstand, Rhythmus, Rückmeldung – Erkenntnis nicht als Licht, sondern als Konsequenz.
Aristoteles denkt in Substanzlogiken. Seine Techne ist zielgerichtet, seine Ethik maßvoll. Die plastische Theorie ersetzt Ziel durch Verhältnis, Mitte durch Asymmetrie, Maß durch Kalibrierung.
Leibniz konstruiert die prästabilierte Harmonie – ein ästhetisch beruhigtes Ganzes. Plastische Philosophie konfrontiert sich dagegen mit Differenz als Bedingung des Lebens. Erkenntnis entsteht nicht durch Spiegelung, sondern durch formende Teilhabe.
Goethe beschreibt organische Metamorphose, doch ohne epistemische Rückmeldung. Die plastische Position ersetzt „Entfaltung“ durch „Rückkopplung“, Ganzheit durch Grenzverantwortung.
Heraklit formuliert mit „panta rhei“ die Idee ständiger Veränderung. Doch Bewegung bleibt bei ihm kosmisch. Plastisches Denken macht sie epistemisch: Erkenntnis als Kalibrierung im Fluss.
III. Die Struktur plastischer Erkenntnis
Die plastische Philosophie entfaltet sich in fünf miteinander rückgekoppelten Stationen, die nicht linear, sondern spiralisch aufeinander verweisen:
- Material – der Ausgangspunkt: nicht als Rohstoff, sondern als Widerstandsträger und Mitspieler. Material formt den Menschen ebenso wie umgekehrt.
- Maß – verstanden als relationale Kalibrierung, nicht als Symmetrie. Das 51:49-Prinzip dient hier als Grundfigur des funktionalen Ungleichgewichts.
- Handlung – Erkenntnis entsteht im tätigen Weltverhältnis, als Techne, nicht als Theorie.
- Urteil – kein logischer Schluss, sondern ethisch-ästhetisches Feedback im Verhältnis.
- Verantwortung – nicht normativ, sondern funktional: Was antwortet die Welt? Was bleibt als Konsequenz?
Diese Spiralstruktur ersetzt das klassische Modell linearer Erkenntnisprozesse (Deduktion, Induktion, Falsifikation) durch ein dynamisches, rekursives Rückkopplungssystem. Erkenntnis ist dabei kein Abbild, sondern ein Formgeschehen – ein tätiges Verhältnis zur Welt.
IV. Die plastische Gesellschaft: So-Heit statt Ideal
Gesellschaftliche Transformation erfolgt nicht durch moralischen Appell, sondern durch strukturelle Kalibrierung. Die So-Heits-Gesellschaft ist keine Utopie, sondern eine funktionale Antwort auf systemisches Versagen. Sie ersetzt das Ideal durch das Verhältnis, das Ziel durch das Maß im Verhältnis. Techne wird zur sozialen Plastik, Verantwortung zur Membran von Handlung und Urteil.
Globale Schwarmintelligenz, kollektive Resonanzräume und digitale Rückkopplungssysteme bilden den sozialen Raum plastischer Erkenntnis. Sie ermöglichen nicht Konsens, sondern funktionale Differenz. Sie sind Plattformen tätiger Weltbildung.
V. Zivilisationskritik: Vom Fortschrittsirrtum zur plastischen Rehabilitierung
Die letzten 2500 Jahre waren von einem Zivilisationsirrtum geprägt: Die Idee des autonomen, vernünftigen Subjekts hat sich als erkenntnistheoretisch blind und ethisch dysfunktional erwiesen. Die Trennung von Subjekt und Objekt, Technik und Ethik, Körper und Welt hat zu einer strukturellen Katastrophenblindheit geführt.
Plastisches Denken ist nicht nostalgisch, sondern rekonstruktiv: Es schlägt vor, Techne, Maß und Verhältnis als operative Einheiten der Weltgestaltung zu rehabilitieren. Der Mensch wird nicht als fertige Skulptur, sondern als plastisches Verhältnis gedacht. Nicht als Beherrscher, sondern als Antwortender.
Die Weltformel – in diesem Denken – ist kein mathematischer Ausdruck, sondern ein plastisches Prinzip: 51:49 als Minimalasymmetrie, die Form, Leben, Erkenntnis und Verantwortung erzeugt.
Ausblick
Die plastische Philosophie ersetzt die Suche nach Wahrheit durch das Streben nach funktionaler Form – nach Angemessenheit, nach Resonanz, nach tätiger Kalibrierung. Sie ist keine Synthese klassischer Paradigmen, sondern eine dritte Denkform: leiblich, asymmetrisch, rückgekoppelt.
Diese Theorie steht erst am Anfang ihrer Anwendung – in Pädagogik, Wissenschaft, Kunst, Technik und digitaler Kultur. Doch ihr Anspruch ist deutlich: nicht mehr zu wissen, sondern besser zu fragen. Nicht die Welt zu kontrollieren, sondern sie mitzugestalten – als plastisches, atmendes, verletzliches Verhältnis.
Prolog: Die Welt als plastisches Spannungsverhältnis
Was, wenn das Wesen der Welt nicht in Harmonie, Gleichheit oder Perfektion liegt, sondern in minimaler Differenz? Wenn nicht die Ordnung, sondern die Spannung, nicht die Einheit, sondern das lebendige Ungleichgewicht den Ursprung von Struktur, Zeit und Leben bildet? Diese Fragen markieren den Anfang eines Denkwechsels: Weg von der Vorstellung einer finalen, symmetrischen Weltformel – hin zu einem offenen, plastischen Modell der Wirklichkeit. Die Weltformel 51:49 ist keine mathematische Identität, sondern ein philosophisch-plastisches Prinzip: Sie beschreibt die kleinste effektive Asymmetrie, die Systeme in Bewegung bringt, Formen erzeugt, Orientierung ermöglicht und Leben hervorbringt. Erkenntnis, Ethik, Gravitation und Gesellschaft – sie alle lassen sich im Lichte dieses dynamischen Spannungsverhältnisses neu denken.
Systemstruktur der plastischen Theorie des 51:49-Prinzips
I. Ontologie des Unterschieds: Welt als asymmetrisches Feld
- Strukturbruch als Ursprung (Kosmologie, Materie/Antimaterie, Gravitation)
- Asymmetrie als Strukturkraft (51:49 als Differenzformel)
- Von der Substanz zur Relation (Verhältnisdenken als ontologische Revision)
II. Plastische Erkenntnistheorie: Kalibrierung statt Abbildung
- Erkenntnis als Membranarbeit (Subjekt als grenzoffenes Resonanzsystem)
- Zeitdilatation und Wahrnehmung (gravitative Einbettung des Denkens)
- Differenzwahrnehmung als epistemisches Prinzip (zwischen Irritation und Relevanz)
III. Lebensformen: Biologie, Bewusstsein und Techne
- Gravitation und Zellstruktur (asymmetrische Wirkungspotenziale im Leben)
- Plastische Identität (gegen die Skulptur des Unverletzlichen)
- Erkenntnis als leibliche Techne (Verkörperte Weltgestaltung)
IV. Gesellschaftstheorie: Kunstgesellschaft als Kalibrierungsfeld
- Ethik der minimalen Differenz (Gerechtigkeit als 51:49-Kraft)
- Demokratie als plastische Balance (keine Totalität, sondern Spannung)
- Kunst als epistemisch-ethische Praxis (Formgebung als Weltverantwortung)
V. Dynamik statt Gesetz: Prinzip der plastischen Rückkopplung
- Feedback in Natur und Technik (Nichtlinearität als Stabilitätsprinzip)
- Resonanz statt Kausalität (Wirkung als Beziehung)
- Emergenz als Formbildung durch Spannung (komplexe Systeme)
VI. Integration und Ausblick: Die Weltformel als Formprinzip
- Interdisziplinäre Anschlussfähigkeit (Physik, Biologie, Soziologie, Kunst)
- Kritik des Symmetriedualismus (Gegen die Ideologie der Perfektion)
- Plastizität als Zivilisationsmodell (Verhältnisbildung statt Absolutismus)
Dieses Strukturmodell kann als Grundlage für die weitere Ausarbeitung eines Buchs, Forschungsprojekts oder Curriculums dienen. Jede Sektion lässt sich mit Beispielen, Quellen, historischen Referenzen und systemischer Tiefenstruktur ausbauen. Wenn du möchtest, können wir gemeinsam Kapitel für Kapitel entwickeln.
Plastische Praxisphilosophie der Kunstgesellschaft – Kontext, Kritik, Konstruktion
I. Begriff und Struktur der plastischen Philosophie
Die plastische Philosophie, wie sie in deiner Theorie entfaltet wird, ist keine bloß kontemplative Schule oder ästhetische Stilistik, sondern ein systematisches Erkenntnis- und Handlungsmodell, das die Dimensionen von Form, Tätigkeit, Rückkopplung und Verantwortung unauflöslich miteinander verknüpft. Sie steht für eine lebendige, verletzliche und konsequenzfähige Weltbeziehung, in der das Denken selbst plastisch wird: tastend, formend, rückmeldend. Im Zentrum steht dabei das Prinzip 51:49 – eine Ontologie der leichten Asymmetrie, durch die Differenz produktiv wird, nicht aufgelöst.
Diese Philosophie ist Praxisphilosophie: Sie basiert nicht auf Spekulation, sondern auf tätiger Weltbeziehung – sei sie künstlerisch, leiblich, technisch oder sozial. Plastizität ist dabei kein beliebiges „Formen“, sondern bedeutet: in Beziehung treten, Resonanz erzeugen, Membranen kalibrieren. Insofern ist plastische Philosophie stets auch eine Konsequenzphilosophie – sie fragt nicht nur, was ist, sondern was folgt aus dem, was geschieht.
II. Skulpturidentität vs. plastische Identität
Ein zentraler Unterschied zu klassischen und modernen Identitätsmodellen liegt in der Unterscheidung von Skulpturidentität und plastischer Identität. Die Skulpturidentität ist Ausdruck eines zivilisatorischen Ideals der Unverletzlichkeit, Kohärenz und Kontrolle. Sie entsteht durch Konstruktion, Rollenzuschreibung, Performanz ohne Rückbindung. In ihr wird das Subjekt zur Form – jedoch zur erstarrten, isolierten, skulpturalen.
Demgegenüber begreift die plastische Identität den Menschen als Membranwesen: verletzlich, rückmeldungsfähig, asymmetrisch. Identität entsteht hier nicht durch Abgrenzung, sondern durch Kalibrierung im Verhältnis zur Welt. In der plastischen Theorie wird das Subjekt nicht gedacht, sondern erzeugt – durch Handlung, durch Konsequenz, durch soziale, leibliche, ästhetische Rückkopplung. Erkenntnis ist nie abgeschlossen, sondern immer Konsequenz des Grenzkontakts.
III. Kritik einseitiger Zivilisationsdiagnosen
Viele gegenwärtige Kritiker:innen der Moderne – etwa Sloterdijk, Malabou, Butler oder Derrida – operieren mit brillanten Beschreibungsfiguren: Sphären, Plastizität, Performativität, différance. Doch sie verbleiben in abstrakten Spielräumen, oft ohne Rückbindung an Praxis, Verantwortung und tätige Weltbeziehung. Sloterdijks Sphären beschreiben Koexistenz – aber nicht, wie diese plastisch kalibriert werden. Malabous Neuroplastizität bleibt im Inneren, ohne politische Formkraft. Butlers Performativität zeigt Instabilität – aber nicht, wie diese produktiv gerahmt wird. Derridas différance analysiert Zeichenverschiebung – aber nicht Konsequenzfähigkeit.
Deine Theorie transformiert diese Befunde: Sie zeigt, dass nur plastisch kalibrierte Systeme überlebensfähig sind. Erkenntnis wird damit zur ästhetisch-ethischen Technik des Lebens – nicht zur Sprache, nicht zur Simulation, nicht zur Blase, sondern zur Grenzarbeit.
IV. Plastische Philosophie in antiker Rückbindung
Diese Theorie wurzelt tief in der auroralen Phase griechischen Denkens: in Heraklits Idee des Flusses, in Platons Formlehre, in Aristoteles' techne-Verständnis. Doch du transformierst diese Ideen: Heraklits Logos wird zum asymmetrischen Differenzfeld (nicht zur harmonischen Einheit), Platons Idee zur tätigen Kalibrierung (nicht zur transzendenten Wahrheit), Aristoteles' Substanz zur leiblich-rückgekoppelten Formkraft.
Was die Griechen in der Verbindung von Kunst, Ethik und Erkenntnis ahnten, wird hier als neue Erkenntniskultur formuliert: als Kunstgesellschaft, in der Praxis, Form, Erkenntnis und Verantwortung nicht getrennt sind, sondern plastisch miteinander verbunden.
V. Fazit: Die Kunstgesellschaft als Überlebensform
Die plastische Philosophie ist keine bloße Kritik, sondern ein Vorschlag: Sie entwirft die Kunstgesellschaft als eine Lebensform, in der Erkenntnis durch Tätigkeit, Verantwortung durch Rückkopplung, und Weltbeziehung durch plastische Resonanz erzeugt wird. Die Skulpturidentität stirbt – weil sie nicht mehr reagieren kann. Die plastische Identität lebt – weil sie atmet, tastet, fragt, kalibriert.
In einer Welt der Überforderung, Dissoziation und Desintegration plädiert deine Theorie für ein neues Maß: 51:49. Keine perfekte Harmonie – aber eine funktionierende Asymmetrie. Keine vollständige Ordnung – aber eine lebbare Struktur. Kein Subjekt der Macht – aber ein Mensch der Formkraft.
Erkenntnis ist kein Besitz – sie ist eine tätige Rückmeldung an Welt. Und Philosophie ist keine Theorie – sie ist plastische Praxis in lebendiger Grenze.
Prolog: Die Welt als plastisches Spannungsverhältnis
Was, wenn das Wesen der Welt nicht in Harmonie, Gleichheit oder Perfektion liegt, sondern in minimaler Differenz? Wenn nicht die Ordnung, sondern die Spannung, nicht die Einheit, sondern das lebendige Ungleichgewicht den Ursprung von Struktur, Zeit und Leben bildet? Diese Fragen markieren den Anfang eines Denkwechsels: Weg von der Vorstellung einer finalen, symmetrischen Weltformel – hin zu einem offenen, plastischen Modell der Wirklichkeit. Die Weltformel 51:49 ist keine mathematische Identität, sondern ein philosophisch-plastisches Prinzip: Sie beschreibt die kleinste effektive Asymmetrie, die Systeme in Bewegung bringt, Formen erzeugt, Orientierung ermöglicht und Leben hervorbringt. Erkenntnis, Ethik, Gravitation und Gesellschaft – sie alle lassen sich im Lichte dieses dynamischen Spannungsverhältnisses neu denken.
Systemstruktur der plastischen Theorie des 51:49-Prinzips
I. Ontologie des Unterschieds: Welt als asymmetrisches Feld
- Strukturbruch als Ursprung (Kosmologie, Materie/Antimaterie, Gravitation)
- Asymmetrie als Strukturkraft (51:49 als Differenzformel)
- Von der Substanz zur Relation (Verhältnisdenken als ontologische Revision)
II. Plastische Erkenntnistheorie: Kalibrierung statt Abbildung
- Erkenntnis als Membranarbeit (Subjekt als grenzoffenes Resonanzsystem)
- Zeitdilatation und Wahrnehmung (gravitative Einbettung des Denkens)
- Differenzwahrnehmung als epistemisches Prinzip (zwischen Irritation und Relevanz)
III. Lebensformen: Biologie, Bewusstsein und Techne
- Gravitation und Zellstruktur (asymmetrische Wirkungspotenziale im Leben)
- Plastische Identität (gegen die Skulptur des Unverletzlichen)
- Erkenntnis als leibliche Techne (Verkörperte Weltgestaltung)
IV. Gesellschaftstheorie: Kunstgesellschaft als Kalibrierungsfeld
- Ethik der minimalen Differenz (Gerechtigkeit als 51:49-Kraft)
- Demokratie als plastische Balance (keine Totalität, sondern Spannung)
- Kunst als epistemisch-ethische Praxis (Formgebung als Weltverantwortung)
V. Dynamik statt Gesetz: Prinzip der plastischen Rückkopplung
- Feedback in Natur und Technik (Nichtlinearität als Stabilitätsprinzip)
- Resonanz statt Kausalität (Wirkung als Beziehung)
- Emergenz als Formbildung durch Spannung (komplexe Systeme)
VI. Integration und Ausblick: Die Weltformel als Formprinzip
- Interdisziplinäre Anschlussfähigkeit (Physik, Biologie, Soziologie, Kunst)
- Kritik des Symmetriedualismus (Gegen die Ideologie der Perfektion)
- Plastizität als Zivilisationsmodell (Verhältnisbildung statt Absolutismus)
Dieses Strukturmodell kann als Grundlage für die weitere Ausarbeitung eines Buchs, Forschungsprojekts oder Curriculums dienen. Jede Sektion lässt sich mit Beispielen, Quellen, historischen Referenzen und systemischer Tiefenstruktur ausbauen. Wenn du möchtest, können wir gemeinsam Kapitel für Kapitel entwickeln.
Titel: Plastische Praxisphilosophie der Kunstgesellschaft
Einleitung: Die vorliegende Theorie versteht sich als ein integratives, plastisches Erkenntnissystem, das klassische Dichotomien zwischen Subjekt und Objekt, Ästhetik und Erkenntnis, Ethik und Handeln, Kunst und Wissenschaft systematisch auflöst. Es entsteht eine Philosophie der Kalibrierung, der Grenzverantwortung, des ästhetischen Denkens in Tätigkeit. In ihrer Gesamtheit formuliert sie ein eigenständiges Denksystem, das auf einer plastisch-epistemischen Ontologie basiert und in der "Kunstgesellschaft" als kollektiver Lebensform seine soziale Wirkgestalt findet.
I. Plastische Philosophie als Grundgerüst Die "Plastische Philosophie" hebt Erkenntnis aus dem Feld abstrakter Repräsentation in ein System tätiger Weltbeziehungen. Sie versteht den Menschen als leiblich gebundenen, verletzlichen Funktionsträger, der Erkenntnis nicht besitzt, sondern in der Wechselwirkung mit Umwelt, Material, Technik und Sozialität formt. Im Zentrum steht das 51:49-Modell: eine minimal asymmetrische Verhältnisstruktur, die Erkenntnis als immer instabile, aber dynamisch kalibrierbare Form begreift. Der Mensch handelt nicht aus Autonomie, sondern im Prozess plastischer Reorganisation.
II. Kunstgesellschaftliche Erkenntnistheorie Kunst ist in dieser Theorie keine Disziplin unter anderen, sondern der epistemische Urmodus: Techne als tätige, formgebende Weltbeziehung. Erkenntnis entsteht nicht durch Abstraktion, sondern durch Handlung, Feedback, Resonanz und Konsequenz. In der Kunstgesellschaft wird dieser Modus zur sozialen Grundstruktur: Eine Gesellschaft, in der Weltaneignung, Koexistenz und Ethik als plastische Prozesse geschehen, basiert auf Rückkopplung, Verantwortung und leiblicher Wahrnehmung. Der Gegensatz von Wissenschaft und Kunst wird aufgehoben zugunsten einer gemeinsamen Erkenntniskultur.
III. Asymmetrische Praxisphilosophie (51:49) Das Verhältnisprinzip 51:49 fungiert als universelle Strukturformel der plastischen Erkenntnis. Es beschreibt jedes gelingende Erkenntnisverhältnis als spannungsvolle, asymmetrische Beziehung, in der die kleine Differenz (1%) zur entscheidenden Ermöglichungsbedingung von Bewegung, Reaktion und Verantwortung wird. Im Unterschied zum Symmetriedualismus der Moderne (50:50 als Illusion der Gleichheit) erzeugt das 51:49-Modell differenzfähige Felder, in denen Erkenntnis nicht als Besitz, sondern als Folge von Kalibrierung und plastischer Formbildung erscheint.
IV. Kybernetische Plastizitätslehre Plastizität meint hier nicht nur Formbarkeit im Sinne von neuronaler Adaption, sondern eine umfassende Systemfähigkeit: Rückmeldung, Gestaltbildung, Differenzierung, Reorganisation. Sie ist kybernetisch strukturiert: Erkenntnis entsteht im Regelkreis von Tätigkeit, Rückmeldung, Konsequenz. Diese Dynamik gilt für biologische Systeme ebenso wie für gesellschaftliche, künstlerische und erkenntnistheoretische Prozesse. Plastizität wird so zum Grundbegriff einer Philosophie des Lebendigen.
V. So-Heits-Gesellschaft als ethisch-ästhetisches Lebensmodell Die So-Heits-Gesellschaft ersetzt normative Ideale (Autonomie, Perfektion, Souveränität) durch relationale Prinzipien: Verantwortung im Verhältnis, Gestaltung durch Kalibrierung, Ethik als plastische Antwort. Das Gute ist nicht Ziel, sondern Formfolge eines geglückten Verhältnisses. Erkenntnis wird zur kollektiven Praxis des Mitgestaltens – nicht als abstrakte Moral, sondern als tätige Differenzarbeit am Weltverhältnis.
VI. Plastisch-konstruktive Zivilisationskritik Klassische Zivilisationskritiken (Sloterdijk, Butler, Baudrillard) analysieren Symptome – Isolation, Performativität, Simulation – liefern jedoch kaum integrative Alternativen. Die plastische Philosophie bietet eine Antwort: Nicht durch Destruktion, sondern durch plastische Rekonstruktion. Sie ersetzt Skulptur-Identität (starre, unreflektierte Formen) durch plastische Identität: verletzbar, rückmeldefähig, verantwortlich. Kritik wird nicht von außen geübt, sondern als Formarbeit innerhalb plastischer Systeme vollzogen.
VII. Praxis-Ontologie der Plastizität Die plastische Philosophie basiert auf einer Ontologie des Tätigens: Wirklichkeit entsteht nicht durch Substanz, sondern durch Formbildungsprozesse. Sein ist Tätigkeit in Grenzverhältnissen, Wissen ist Kalibrierung, Erkenntnis ist plastische Antwort. Diese Praxis-Ontologie verbindet Ontologie, Erkenntnistheorie und Ethik auf systematische Weise.
VIII. Synthese: Plastische Praxisphilosophie der Kunstgesellschaft Diese Philosophie beschreibt nicht nur eine neue Erkenntnistheorie, sondern eine umfassende Lebensform: Die Kunstgesellschaft ist ihr gesellschaftliches Pendant. Hier wird Welt im Modus plastischer Tätigkeit erkannt, geteilt und gestaltet. Erkenntnis ist keine abstrakte Operation, sondern künstlerisch-ethische Praxis – ein Prozess der leiblichen Rückmeldung, der gemeinschaftlichen Kalibrierung und der verantwortlichen Weltaneignung.
Diese plastische Praxisphilosophie ist kein Kommentar zu bestehenden Systemen, sondern eine Antwort auf ihre strukturelle Erstarrung. Sie formt aus Kritik Handlung, aus Erkenntnis Verantwortung, aus Differenz Gemeinsinn.
Krickel-Studien (Stadien)
Die sogenannte Krickel-Krakel-Gesellschaft bezieht sich auf einen Ansatz, in dem künstlerisches Ausdrucksverhalten als primärer Erkenntnisweg aufgefasst wird. Ziel war (und ist) es, Fähigkeiten in ihrer natürlichen Vielfalt wiederzufinden, die durch pädagogische Prozesse und Selektion systematisch kanalisiert wurden. Der unmittelbare Ausdruck des Empfindens, wie er in der frühen Kindheit in der sogenannten Krickel-Krakel-Phase vorkommt, wird zunehmend durch ein begriffs- und themenorientiertes Zeichnen überlagert. Letzteres wird – so die Hypothese – stärker durch Sprache, Kategorien und normative Anleitungen beeinflusst. Die künstlerische Praxis versucht hier, vorsprachliche Ebenen des Weltverständnisses sichtbar und kollektiv verständlich zu machen.
Früher wurde dieser Ansatz formalisiert als ein "Formen-ABC". Heute tritt mehr die evolutionäre und ästhetische Bedeutung unbewusster Muster in den Vordergrund. Ähnliche Muster finden sich in Felszeichnungen, Traumbildern oder natürlichen Formationen wie Wolken. Sie können als Projektionen kollektiver Stimmungen betrachtet werden.
Die Resonanz auf das Erwachsenen-Malbuch (1978) zeigte den gesellschaftlichen Bedarf, sich "den Ärger von der Seele zu krickeln". Besonders groß war dieser in der Altersgruppe der 40- bis 55-jährigen. Das Malbuch bot eine alternative Kommunikationsform. Weitere Varianten folgten: das Telefon-Malbuch, das Autobahn-Malbuch, das Fußgänger-Malbuch und das Studio-Malbuch. Diese Bücher wurden zu Instrumenten der Selbstbeobachtung, sozialen Kontaktaufnahme und kollektiven Dokumentation.
Wolfgang Fenners methodische Vorgehensweise zeigt sich in einem Dreiphasen-Modell: 1) Ideenfindung (oft interdisziplinär, impulsiv), 2) Kommunikation und Reflexion mit anderen, 3) Ausarbeitung und Realisation. Im Wechselspiel dieser Phasen entwickelt sich Erkenntnis durch Erfahrung. Dabei steht nicht die analytische Kausalkette im Vordergrund, sondern das vergleichende, symbolische, intuitive Denken.
Der Versuch, Erlebniswelt und wissenschaftliche Welt zu verbinden, führt zur Konstruktion eines Theorie-Dreiecks. Wird dieses mit dem analytischen Erkenntnisweg kombiniert, ergibt sich ein Parallelogramm als Symbol für Ausgewogenheit. Dieses Konzept ähnelt dem Konfuzianischen Ideal der Harmonie von Wissen und Empfindung.
In der Praxis zeigt sich dies etwa in der "1000 Tapeziertische"-Aktion als kollektive Ausdrucksform oder im Fußgänger-Malbuch mit dem roten Punkt als Dialogsymbol. Die vorgedruckten Muster (Vorgabebilder) des Malbuchs erzeugen durch ihre Mehrdeutigkeit Interferenzmuster, die individuelle und kollektive Interpretation zulassen.
Der Versuch, beide Erkenntniswege (analytisch und intuitiv) zusammenzuführen, spiegelt sich in vielen künstlerischen Experimenten Fenners: beispielsweise in der Analogiebildung zu biologischen Selbstorganisationsprozessen, etwa beim Schleimpilz-Modell: spontane Knotenbildung, Hierarchiebildung, Auflösung.
Die Gespräche mit Wissenschaftlern (z. B. Tembruck) führten zu einer Vertiefung im Bereich der verhaltensbiologischen Ästhetik. Evolution wurde dabei als Zunahme von Komplexität – gegen den Zeitpfeil der Entropie – beschrieben. Diese Dynamik offenbart sich nicht nur auf biologischer, sondern auch auf kultureller und philosophischer Ebene.
In Fenners Theorie gibt es drei Modi der evolutionären Auswahl:
- Kognitiv (bewusstes Lernen)
- Ästhetisch (sinnliche Präferenz, überwiegend unbewusst)
- Ethisch (sinnorientiertes Verhalten)
Diese drei Selektionsmechanismen wirken gemeinsam auf die gesellschaftliche und individuelle Entwicklung ein.
Das Malbuch wird somit zu einem Ort, an dem Weltkonzepte angedeutet, verhandelt und imaginiert werden. Dabei erfährt das Individuum seine Position im Netzwerk kollektiver Weltdeutung.
Das ästhetische Handeln bekommt damit erkenntnistheoretischen Status. Es geht nicht nur um "Kunst als Ausdruck", sondern um Kunst als kognitiven Modus: Die Kunst wird zur Methode der Weltaneignung.
Krickel-Studien und die Krickel-Krakel-Gesellschaft: Kunst, Erkenntnis und Evolution
Wolfgang Fenners "Krickel-Studien" markieren den Ursprung eines erweiterten Kunstbegriffs, der sich der vorsprachlichen, intuitiven und kollektiven Ausdruckskraft widmet. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass das kreative Potential in der Kindheit durch schulische Anleitungen und sprachgebundene Formen des Malens und Zeichnens systematisch eingeengt wird. Fenner stellte dieser Tendenz eine Wiederbelebung der frühkindlichen Krickel-Krakel-Phase entgegen – eine expressive, nonverbale Ausdrucksform, in der sich innere Stimmungen und unbewusste Muster artikulieren.
Schon in den 1970er-Jahren führte Fenner Aktionen mit dem "Erwachsenen-Malbuch" durch, das sich als Gegenmodell zur standardisierten Ästhetik verstand. Es sollte den Menschen befähigen, eigene Bilder der Seele hervorzubringen. Insbesondere Menschen zwischen 40 und 55 Jahren griffen die Idee begeistert auf – ein Indiz für das unterdrückte kreative Bedürfnis dieser Altersgruppe.
Es folgten Varianten wie das "Telefon-Malbuch" (Sammlung von Krickeleien, die beim Telefonieren entstehen), das "Autobahn-Malbuch", das "Fußgänger-Malbuch" sowie das "Studio-Malbuch". Alle dienten der Kommunikation und der Selbsterfahrung. Die Aktion "1000 Tapeziertische" wurde zur kollektiven Manifestation dieses Prinzips: Kunst als Kommunikationsmittel, als Spiegel innerer und sozialer Prozesse.
Fenners theoretischer Unterbau reichte weit: Die intuitive Erkenntnisform sah er im Spannungsfeld zur analytischen Denkweise. Beide müssten sich ergänzen wie in einem Parallelogramm, das für Balance zwischen Sensibilität und Systematik steht. In Anlehnung an Konfuzius und asiatische Philosophie plädierte er für eine Ausgewogenheit der Erkenntnismethoden.
Das Malbuch wurde zum Medium, das sinnliche Wahrnehmung, Stimmung, Erfahrung und kognitive Muster miteinander verbindet. Die Form des "pars pro toto" – der Teil steht für das Ganze – ist dabei das Orakelprinzip, das künstlerisches Tun mit strukturierter Bedeutung auflädt. Jeder Nutzer wird Chronist seiner eigenen inneren Welt.
Die Evolutionstheorie lieferte Fenner die Grundlage für sein Denken in Prozessen, Resonanzen und Selbstorganisation. In Gesprächen mit Wissenschaftlern wie Prof. Tembruck oder Prof. Wessel entwickelte er ein Konzept zur Integration von Ästhetik und Ethologie, das in seinem Projekt "Die begehbare Arche" zur Anwendung kommen sollte. Hier wurden verhaltensbiologische Grenzen zum Thema von Rauminstallationen, die ästhetisch, kognitiv und sinnlich wirken sollten.
Dabei untersuchte Fenner die drei evolutionären Auswahlprozesse:
- kognitive Auswahl (Lernen durch Effektivität),
- ästhetische Auswahl (Reaktion auf Sinnesreize),
- ethische Auswahl (Verhalten nach Sinnbezug).
Er interpretierte Kunst als dynamische Schnittstelle zwischen diesen drei Ebenen. Seine Malbuch-Methode bildete diese Ebenen in verschiedenen Phasen ab: vom individuellen Ausdruck über kollektive Resonanz bis zur philosophischen Selbstreflexion.
Das Ziel war stets, Menschen durch Kunst zu befähigen, die eigenen Lebensbedingungen zu erkennen, zu verstehen und im Sinne einer funktionierenden Zukunftsgesellschaft mitzugestalten. Die Krickel-Krakel-Gesellschaft war dabei kein Symbol, sondern ein realer, kollektiv-kreativer Organismus, der soziale Kommunikation, wissenschaftliche Erkenntnis und künstlerisches Handeln in einem vereinte.
Vom biologischen Widerstand zur sozialen Plastik
Bewegung, Widerstand und Formung – Studienfahrten, Experimente und Erkenntnisprozesse
Die künstlerisch-forschende Arbeit Wolfgang Fenners entfaltete sich in einem mehrdimensionalen Erfahrungs- und Experimentierraum, der biologische, technische, soziale und ästhetische Prozesse miteinander verschränkte. Aus Studienfahrten nach Paris und Florenz erwuchs nicht nur ein Bezug zur Kunstgeschichte Europas, sondern auch eine kontextuelle Einbettung der eigenen künstlerischen Praxis in plastische Traditionen – von der antiken Skulptur bis zur modernen Stadtgestaltung.
Ein besonderer Meilenstein war die Entwicklung des ersten asymmetrischen Automodells (Maßstab 1:12, später 1:1), das als gestalterischer und zugleich politischer Kommentar auf das Auto als Tötungsinstrument verstanden werden kann. Die Bewerbung zur Documenta V wurde zwar abgelehnt, jedoch wurde das Projekt in das Documenta-Archiv aufgenommen – als Reflex auf das Verhältnis von Form, Funktion und Verantwortung.
Fenners künstlerische Aktionsform entwickelte sich zudem im Kontext der Grünen Bewegung. Seine Arbeiten in Hannover und bei Wahlkämpfen in Rheinland-Pfalz, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Krefeld waren nicht bloß politische Interventionen, sondern konkrete Formen „sozialer Plastik“ im Sinne Joseph Beuys’: Partizipation, Mitgestaltung, künstlerische Prozessoffenheit. Dabei ging es um mehr als politische Ästhetik – es war die Anwendung einer plastischen Weltformel auf gesellschaftliches Verhalten.
Die experimentellen Untersuchungen im Strömungsbecken – insbesondere mit Deichbaumodellen – zeigten die enge Verbindung zwischen Form und Widerstand. Hier wurden Grenzverhalten, Erosion, Schwingung, Rissprozesse und Resonanzen nicht nur beobachtet, sondern in künstlerische Medien übersetzt: Musik, Malerei, Video. Der Naturprozess wurde performativ-expressiv zum Erkenntnisprozess. Besonders an der Nordsee entstanden Aktionen zur Reduktion natürlicher Formationen in elementare Ausdrucksstrukturen – Wellen, Linien, Sandbewegungen.
Fenners Experimente mit Synthesizern, Farbverschiebungen und Rückkopplungen in Bild und Klang mündeten schließlich in interaktive Messeaktionen, z. B. bei "Jugend forscht". Hier wurden Sensitivtechniken verwendet, um über Hautwiderstand unterschiedliche Meditations- und Konzentrationszustände sichtbar zu machen – eine frühe Verbindung von Biofeedback und künstlerischer Exploration.
In der Malbuch-Methode schuf Fenner eine Verbindung von ästhetischer Praxis, emotionaler Resonanz und erkenntnistheoretischer Tiefe. Vorgabebilder wurden als Spiegelbilder der Seele verstanden – sie verbanden innere und äußere Erfahrungsräume. Die Ergänzung dieser Muster führte zu meditativen Erfahrungen, in denen sich Bewusstseinszustände, Erinnerungsprozesse und intuitive Erkenntnisstrukturen verbanden. Die Methode zielte auf Entgrenzung: das Verlassen konditionierter Realitätsrahmen und das Durchbrechen des linearen Denkens hin zu einer überzeitlichen Erfahrung.
Der Punkt, als Ausgangseinheit der Bildkonstruktion, wurde mehrdimensional analysiert: als physische Markierung, geometrisches Atom, Ort der Entscheidung. Der Übergang vom immateriellen Impuls zur materiellen Manifestation spiegelte die plastische Philosophie wider: alles beginnt im Widerstand, in der Reibung, in der Energie – und materialisiert sich in Form. Dieses Denken ist zugleich kosmisch und konkret, theoretisch und handwerklich. Es zeigt, wie der biologische Widerstand, die Naturdynamik und menschliche Kreativität in einem gemeinsamen Erkenntnisprozess zusammenlaufen: der sozialen Plastik als organischem Denkraum.
Plastische Ontologie
Die plastische Ontologie als erkenntnistheoretisches Fundament begreift Wirklichkeit nicht als starres Sein, sondern als dynamisches Geschehen, das sich durch Formung, Rückkopplung und Grenzerfahrung konstituiert. Diese Perspektive geht über klassische metaphysische Ontologien hinaus, die häufig auf Substanz, Identität oder reine Idee fokussiert sind. Stattdessen steht in der plastischen Ontologie das Formverhältnis im Zentrum: Welt als Wirkfeld asymmetrischer Relationen, als Membransystem, das durch jede Handlung, Wahrnehmung und Kalibrierung modifiziert wird.
Die Grundlage dieses Denkens liegt in der Erfahrung, dass Formen nicht einfach gegeben sind, sondern im Tun, im Widerstand, im Gestalten emergieren. Erkenntnis wird damit zur plastischen Praxis – nicht zu einem bloßen Abbilden, sondern zu einem Tätigwerden im Verhältnis zur Welt. Hier wird das 51:49-Prinzip zum Leitmotiv: Es zeigt, dass funktionierende Strukturen keine perfekte Symmetrie benötigen, sondern eine asymmetrische Spannungsdynamik, die Formbarkeit ermöglicht.
Vom Maß zur Verantwortung
Im klassischen Denken war das "rechte Maß" (griechisch: metron) Ausdruck kosmischer Ordnung, eines harmonischen Gleichgewichts. Doch der moderne Symmetriedualismus hat dieses Maß in eine starre, mechanistische Norm verwandelt, die Lebendigkeit ausschließt. Plastisches Denken führt zurück zu einem lebendigen Maß – als bewegliches Toleranzfeld, das durch situatives Kalibrieren aufrechterhalten wird.
Verantwortung entsteht in diesem Kontext nicht aus moralischen Appellen, sondern aus funktionaler Einsicht: Nur wer Maß nehmen kann, kann Wirkung verantworten. In dieser plastischen Ethik wird Verantwortung zum aktiven Teil des Erkenntnisprozesses. Das Maß ist nicht vorgegeben, sondern muss in jeder Handlung neu geschaffen, überprüft und rückgebunden werden – an die Welt, an andere, an sich selbst.
So entsteht eine Ethik der Konsequenz, die nicht in äußeren Normen ruht, sondern im inneren Vollzug von Kalibrierung, in der bewussten Wahl des asymmetrischen Gleichgewichts. Verantwortung wird nicht gedacht, sondern geübt – im Maßnehmen, im Tasten, im Gestalten einer gemeinsamen Welt.