Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Herstellen, Darstellen und Dargestellt-Werden.
In der spätmodernen Gesellschaft verschiebt sich das Verhältnis des Menschen zur Welt und zu sich selbst auf fundamentale Weise.
Die Erfahrung des „Machens“ – des praktischen, leiblich-sinnlichen Herstellens von Dingen – tritt zunehmend in den Hintergrund. Handwerk, Gestaltung, unmittelbare materielle Produktion sind für viele Menschen weitgehend verschwunden oder werden in Dienstleistungs- und Konsumlogiken überführt. An ihre Stelle tritt das Inszenieren des Machens: Der Mensch wird nicht mehr zum Subjekt der Handlung, sondern zum Darsteller seiner eigenen Herstellbarkeit.
Diese Verschiebung erzeugt eine neue ontologische Unschärfe zwischen Darsteller und Darstellung.
Das Subjekt tritt auf als etwas, das produziert wird – sei es als „Karriere“, „Profil“, „Marke“, „Identität“ – und inszeniert sich zugleich als derjenige, der dies bewusst und selbstgesteuert herstellt. Doch das, was produziert wird, ist kein Ding, sondern eine Figur, eine Rolle, ein Abbild – das heißt: eine Darstellung.
Die Skulptur-Identität, wie zuvor beschrieben, besteht genau in dieser idealen Selbstdarstellung, die vorgibt, autonom und vollständig zu sein, obwohl sie tief eingebettet ist in Strukturen, die sie reproduzieren, bewerten und disziplinieren.
Die kulturelle Logik dieser Entwicklung wird durch ein weiteres Paradox getragen: Der Mensch beginnt, sich selbst als Ware zu denken – verfügbar, marktfähig, bewertbar –, aber nicht aus bloßer Selbstverdinglichung, sondern um verkaufen zu können. Das Subjekt wird also zur Voraussetzung des Verkaufsprozesses – nicht nur im ökonomischen, sondern auch im sozialen Sinne. Hierin liegt die eigentliche Differenz zwischen Herstellung und Darstellung: Das Herstellen will etwas in die Welt setzen; die Darstellung hingegen produziert ein Modell, einen Vergleichsrahmen, der dazu dient, sich innerhalb von sozialen oder wirtschaftlichen Ordnungen positionieren zu können.
Diese Distanz – zwischen dem, was ich bin, und dem, was ich darstelle – wird nicht mehr als problematisch empfunden, sondern als Grundlage eines funktionalen Selbstverhältnisses. Das Paradoxe daran ist: Indem der Mensch sich zum Objekt seiner eigenen Darstellung macht, verliert er zunehmend den Bezug zu seinem leiblichen Dasein, das er aber gleichzeitig besitzt zu haben glaubt. Die Vorstellung, Eigentümer des eigenen Körpers zu sein – des Atems, der Mineralien, der Aufmerksamkeit, der Leistung – ist eine kulturelle Fiktion, die vorgibt, das Subjekt sei autonomer Ursprung seiner selbst. Diese Selbstzuschreibung wiederholt symbolisch, was faktisch unmöglich ist: Der Mensch tut so, als habe er sich selbst erschaffen, bis hin zu seinem biologischen Substrat.
Diese Form des kulturellen Selbstverständnisses, die in einem radikalen Skulptur-Idealismus kulminiert, produziert nicht nur widersprüchliche Identitätsmuster, sondern verdrängt die grundsätzliche Abhängigkeit des Menschen von ökologischen, sozialen und körperlichen Prozessen. Die entstehende Paradoxie – das „Ich bin mein eigener Hersteller“ – bleibt jedoch meist unsichtbar, weil sie kulturell normalisiert und ästhetisch legitimiert ist. Statt sich mit dem Paradox auseinanderzusetzen, wird es durch permanente Darstellung neutralisiert.
Der Mensch ist dadurch ständig mit dem Darstellen beschäftigt, aber kaum noch imstande, wirklich etwas zu machen – also in einem Sinn, der nicht performativ, sondern weltverändernd, verbindend, real ist