Ein neuronales Netzwerk strukturiert ist

Aus Globale-Schwarm-Intelligenz

Die Erde als funktional-intelligentes Netzwerk

Die Vorstellung der Erde als selbstorganisierendes, dynamisches System entstammt u. a. der Gaia-Hypothese von James Lovelock und Lynn Margulis (Lovelock, 1979), weiterentwickelt in der Erd-Systemwissenschaft (Steffen et al., 2004). Neuere systemtheoretische Modelle, etwa bei Maturana und Varela (1980), beschreiben lebende Systeme als autopoietische Netzwerke, deren Bestand durch Rückkopplung und Interaktion gewährleistet wird. Mykorrhizale Netzwerke etwa („Wood Wide Web“) zeigen, dass Organismen kollektiv-intelligent agieren können (Simard et al., 1997).


1. Der Mensch als eingebetteter Resonanzträger

Anstelle einer anthropozentrischen Sonderstellung wird der Mensch hier als Teil eines dynamischen Knotenpunktes begriffen – analog zu neueren posthumanistischen und relationalen Ansätzen (Haraway, 2016; Abram, 1996; Ingold, 2011). Das Bewusstsein wird nicht als teleologischer Endpunkt, sondern als emergente Eigenschaft in komplexen, selbstbezüglichen Systemen verstanden (Tononi & Koch, 2015).


2. Maßstäbe des Lebens: Referenzsysteme planetarer Kohärenz

Das „Funktionieren“ im evolutionären Sinne folgt naturgesetzlichen Spielräumen: dynamischen Gleichgewichten, metabolischen Zyklen und Resilienzgrenzen (Capra & Luisi, 2014; Rockström et al., 2009). Referenzsysteme entstehen in Netzwerken nicht durch Norm, sondern durch rückgekoppelte Anpassung an Umwelt und Systemspannung (Meadows, 2008).


3. Revision von Funktionalität und Erkenntnis

Die funktionale Reduktion des Lebens auf Technik oder Nutzen wurde von vielen kritisiert – etwa durch Ivan Illich, Gregory Bateson, oder Karen Barad (2007), die zeigen, dass Erkenntnis selbst immer schon relational und situiert ist. Subjekt und Objekt sind keine getrennten Pole, sondern Aspekte von Prozessen wechselseitiger Hervorbringung (Varela et al., 1991).


4. Perspektive: Ein neuer Begriff von Kultur und Ethik

Ein ethischer Zugang auf Basis dieses Modells ergibt sich aus dem, was Donna Haraway als "response-ability" bezeichnet – die Fähigkeit, sich als Teil eines Netzwerks wahrzunehmen und entsprechend zu handeln (Haraway, 2016). Solche Ethiken beruhen nicht auf Regeln, sondern auf Verantwortung im Beziehungsgeflecht.


5. Ziel: Ein post-dualistisches Wissensmodell

Diese Theorie steht in der Tradition interdisziplinärer Ökophilosophie und systemischer Ontologien (Bennett, 2010; Latour, 2013), die Erkenntnis als Mitsein, nicht als Objektivierung begreifen. Die Wissenschaft der Zukunft wird nicht nur beschreiben, sondern beteiligt sein – an Wiederanbindung, Verflechtung und Lebendigkeit.

Dieses Modell formuliert keine neue Ideologie, sondern ein lebendiges Erkenntnisschema: nicht abgeschlossen, nicht objektivierend, sondern permanent rückfragend, atmend, sich selbst beobachtend.

Es erlaubt:

  • Integration statt Segmentierung
  • Ko-Existenz statt Überordnung
  • Verkörperung statt Abstraktion
  • Entscheidung als Teilhabe, nicht als Kontrolle

📚 Quellenverzeichnis (Auswahl)

  • Abram, D. (1996). The Spell of the Sensuous. Vintage.
  • Barad, K. (2007). Meeting the Universe Halfway. Duke University Press.
  • Bateson, G. (1972). Steps to an Ecology of Mind. University of Chicago Press.
  • Bennett, J. (2010). Vibrant Matter. Duke University Press.
  • Capra, F., & Luisi, P. L. (2014). The Systems View of Life. Cambridge University Press.
  • Feyerabend, P. (1975). Against Method. Verso.
  • Hadot, P. (1995). Philosophy as a Way of Life. Blackwell.
  • Haraway, D. (2016). Staying with the Trouble. Duke University Press.
  • Ingold, T. (2011). Being Alive: Essays on Movement, Knowledge and Description. Routledge.
  • Latour, B. (1991). We Have Never Been Modern. Harvard University Press.
  • Latour, B. (2013). An Inquiry into Modes of Existence. Harvard University Press.
  • Lovelock, J. (1979). Gaia: A New Look at Life on Earth. Oxford University Press.
  • Margulis, L., & Sagan, D. (2002). Acquiring Genomes. Basic Books.
  • Meadows, D. (2008). Thinking in Systems. Chelsea Green.
  • Merchant, C. (1980). The Death of Nature. Harper & Row.
  • Rockström, J. et al. (2009). Planetary Boundaries. Nature.
  • Simard, S. et al. (1997). Net transfer of carbon between tree species with shared ectomycorrhizal fungi. Nature.
  • Steffen, W. et al. (2004). Global Change and the Earth System. Springer.
  • Tononi, G., & Koch, C. (2015). Consciousness: Here, There and Everywhere? Philosophical Transactions B.
  • Varela, F. J., Thompson, E., & Rosch, E. (1991). The Embodied Mind. MIT Press. Weiter zum Inhalt