Einleitung zum Ausschlussverfahren – Warum wir nicht wissen, wovon wir sprechen

Aus Globale-Schwarm-Intelligenz

Wir sprechen vom Menschen, vom Leben, vom Planeten Erde, vom Ich, vom Bewusstsein, von der Realität.

Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Diese Begriffe bezeichnen nichts, was wir wirklich erfassen könnten. Sie sind Benennungen ohne Anschauung – Wörter, die vorgaukeln, etwas zu fassen, was sich jeder eindeutigen Form entzieht.

Nehmen wir den Begriff „Mensch“: Was meint er? Ein Körper? Ein Bewusstsein? Ein Wesen mit Geschichte, Sprache, Kultur? Und was ist dieses Wesen, wenn wir es nicht mehr durch seine Begriffe beschreiben, sondern durch seine Abhängigkeiten betrachten?

Ein Mensch lebt nur, wenn sein Körper funktioniert – wenn Stoffwechsel, Atmung, Nervensystem, Temperaturregulation und viele weitere Prozesse ununterbrochen ineinandergreifen. Doch selbst diese Prozesse sind nicht „menschlich“ im engeren Sinn. Sie beruhen auf Luft, Licht, Wasser, Mineralien, Temperatur, Gravitation – auf Bedingungen, die außerhalb des Menschen liegen. Das Gleiche gilt für Zellen, Mikroben oder Viren: Nichts davon ist je „vollständig“ für sich allein. Alles lebt nur in Beziehungen – durch Austausch, durch Rückmeldung, durch Einbindung in etwas Größeres, das es selbst nicht kontrolliert.

Was wir also als „Leben“ bezeichnen, ist keine abgeschlossene Eigenschaft. Es ist ein offenes Funktionieren im Verhältnis zu Bedingungen, die nicht im Subjekt liegen, sondern außerhalb davon. Genau genommen ist der Mensch kein eigenständiges Wesen, sondern ein Teilprozess. Und ohne diese funktionalen Abhängigkeiten – etwa Sauerstoff, Nährstoffe, Wärme, Zeit – ist er nicht „lebendig“, sondern tot.

Das heißt: Was wir mit Begriffen wie „Ich“, „Leben“, „Mensch“, „Realität“ bezeichnen, ist im wörtlichen Sinn unhaltbar. Es sind Konstrukte, keine Anschauungen. Sie haben keine Substanz in sich, sondern nur dann Bedeutung, wenn sie eingebettet sind in ein System von Bedingungen und Funktionen, das sie selbst nicht erzeugen.

Die Konsequenz: Wer erkennen will, was „wirklich“ ist, muss zuerst all das verlernen, was ihm über Wirklichkeit beigebracht wurde. Es genügt nicht, die Begriffe zu kritisieren – man muss sie methodisch ausschließen, um überhaupt wieder sehen zu können, was sich jenseits ihrer Täuschung zeigt.

Das Ausschlussverfahren, das diese Arbeit entwickelt, geht genau diesen Weg: Es fragt nicht, was etwas ist – sondern was nicht mehr gesagt werden kann, ohne sich zu täuschen. Es entfernt Begriffe, die behaupten, etwas zu bezeichnen, was sie nicht erfassen können. Dadurch entsteht kein neues System – sondern ein freier Raum, in dem Maßbildung überhaupt erst möglich wird: tastend, verletzlich, differenziert.

Diese Haltung erkennt an: Der Mensch lebt nicht auf einem Planeten – er funktioniert nur, solange er Teil eines größeren Prozesses bleibt. In diesem Sinn ist alles, was wir glauben zu sein, von Bedingungen abhängig, die außerhalb unseres Denkens liegen. Und genau darin liegt der Anfang einer plastischen Erkenntnis: in der Anerkennung der eigenen Unvollständigkeit – und der Weigerung, diese Lücke mit falschen Begriffen zu füllen.