Künstlerische Denkobjekte als übergeordnete Erkenntniskultur- mit Quellen.
Ich starte eine umfassende Recherche zur Frage, inwiefern künstlerische Denkobjekte und Kunsttheorie eine übergeordnete Erkenntnispraxis darstellen können, die wissenschaftliche Disziplinen wieder in einem kohärenten, nicht-dualistischen Denkraum verbindet.
Ich werde gezielt wissenschaftliche Quellen aus Bereichen wie Ästhetik, Kunstphilosophie, Wissenschaftstheorie, Soziologie, Anthropologie, Designforschung, Medienwissenschaft und Kognitionswissenschaft sichten – mit Fokus auf aktuelle Journals und Forschungsliteratur. Dabei analysiere ich auch, wie der Dualismus von Geist und Materie bzw. Subjekt und Objekt historisch zur Disziplinentrennung führte – und ob die Kunst (z. B. über Dinge, Objekte, performative Erkenntnisformen) ein integratives Weltverhältnis ermöglicht.
Der zentrale Positionen mit deinen Denkfiguren kontrastiert, international verständlich formuliert ist, konkrete Quellen belegt und den Status quo der Forschung sichtbar macht.
Künstlerische Denkobjekte als übergeordnete Erkenntniskultur
Die abendländische Erkenntnistradition ist seit der Antike von einem rigiden Dualismus geprägt, der Denken und Natur, Geist und Materie, Subjekt und Objekt sowie Theorie und Praxis trennte.
Bereits Aristoteles unterschied epistemisches Wissen (episteme) von praktischem Können (techne) und von phronesis (praktischer Weisheit)zhdk.ch. Im 20. Jahrhundert wurde dieser Gegensatz als „wissen, dass“ vs. „wissen, wie“ („knowing that“ vs. „knowing how“) weiter thematisiert, unter anderem bei Ryle, Polanyi und Carr, die praktisches Wissen als ontologisch eigenständige, nicht ausdrücklich begriffliche Erkenntnisform erkanntenz. hdk.ch. Bruno Latour bezeichnet diese strikte Trennung als Kennzeichen der „modernen Verfassung“ – der trennscharfen Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Natur, Subjekt und Objekt, aktiv und passiv. hajo-greif.net. In dieser Perspektive bildet sich ein Erkenntnisparadigma, in dem Wissenschaften jeweils nur einen Teil des Ganzen erfassen, während Gegenstände und Akteure anderer Bereiche ausgeblendet werden.
Künstlerische Praxis und Denkobjekte stellen diesem dualistischen Horizont eine nicht-dualistische, relationale Erkenntnispraxis entgegen.
Die Debatte um „künstlerische Forschung“ etwa fragt explizit danach, welche Arten von Wissen und Verständnis die künstlerische Praxis verkörpert und wie dieses Wissen zu konventionellem wissenschaftlichem Wissen in Beziehung steht. zhdk.chzhdk.ch.
Die Antwort vieler Autoren lautet: Kunst manifestiert eigenes, verkörpertes Wissen in Objekten und Prozessen. zhdk.ch.
Dieses Wissen ist nicht primär diskursiv oder propositional, sondern liegt in den sinnlich-materiellen Vollzügen des künstlerischen Schaffens.
Maurice Merleau-Ponty spricht in diesem Zusammenhang vom „körperlichen Wissen“, das a priori in unsere Leiblichkeit eingeschrieben sei und der Grundlage unseres Denkens und Fühlens zugrunde liege. zhdk.ch.
In der phänomenologischen und kognitionspsychologischen Tradition wird dieses implizite, „nonverbale“ Wissen oft als know-how oder als sinnliche Erkenntnis charakterisiert: Es ist kognitiv und rational, aber nicht unmittelbar begrifflich fasstbar. zhdk.ch. So unterscheidet sich das in der Kunst Verkörperte vom abstrakten „Wissen-dass“ der Naturwissenschaft, ohne dass es irrational oder zufällig wäre.
Künstlerische Denkobjekte und performative Prozesse erschließen ein relationales Erkenntnisfeld jenseits klassischer Gegenüberstellungen.
Die Designforschung etwa zeigt, dass Modelle oder Prototypen in einem kreativen Prozess als Reflexionsobjekte fungieren: Sie repräsentieren das Denken eines bestimmten Moments und ermöglichen zugleich, Ideen in materielle Form zu übersetzen. diaphanes.net. Dieses „Modell“ steht als Denkgegenstand im Entwurfsprozess zwischen der Intention des Gestalters und der sinnlichen Gestalt des Objekts.
Analog dazu können Kunstwerke selbst als Modelle verstanden werden, die Denkprozesse materialisieren. Dabei übernimmt das Ding in der Inszenierung eine Akteursrolle. Timothy Ingold etwa fordert, Materialien nicht als statische Substanzen („materiality“) zu begreifen, sondern in ihrem dynamischen Werdegang – ähnlich argumentieren Jane Bennett mit dem Konzept des „Vibrant Matter“ oder Arjun Appadurai mit der Sozialen Biografie von Dingern. Gemäß Bruno Latour vollzieht sich Agieren generell als Modifikation anderer Akteure – ob menschlich oder nicht-menschlichhajo-greif.net. Ein „Handeln“ heißt demnach, durch eine Folge elementarer Transformationen andere Entitäten zu verändernhajo-greif.net. In diesem Sinne können auch vergoldete oder verfremdete Alltagsobjekte, Installationen oder Performances als aktive „Akteure“ in einem Netzwerk auftreten, die zwischen Natur, Technik und Kultur vermitteln. Die Künstlerin oder der Künstler inszeniert dabei eine „Neutralisierung der Praxis“: Im Ausstellen, Vorführen oder Modellieren werden Dinge aus ihrem gewohnten Zweckzusammenhang gelöst und für neugierige Betrachtung offengehaltendiaphanes.net. Dieser ästhetische Haltepunkt gibt Raum für Reflexion und potenzielle Bedeutungsverschiebungen. Gleichzeitig wird betont, dass die Wirksamkeit der Dinge gerade mit ihrer ästhetisch-affektiven Kraft verbunden istdiaphanes.net.
Diese Gedanken stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Theorien, die dem Dingstatus im Erkenntnisprozess eine größere Rolle zuschreiben. Latours „Parlament der Dinge“ schlägt etwa vor, Wissenschaft und Politik nicht länger strikt nach Subjekt-Objekt-Kategorien zu strukturieren, sondern Menschen und Dinge als gleichwertige Akteure an einen Tisch zu bringen. In Latours Symmetrieprinzip erscheinen menschliche und nicht-menschliche Akteure auf Augenhöhe, zunächst als „Störenfriede“ aufgrund ihrer Widerständigkeit gegen Modellannahmenhajo-greif.net. Diese Perspektive steht im Kontrast zu klassischen philosophischen Ansätzen. Nelson Goodman etwa sieht in seinem „Weltmachen“ (worldmaking) Kunst und Symbole als Mittel, vielfältige, konstruierte Welten hervorzubringen. Timothy Ingold plädiert für eine prozessuale Auffassung von Materie (“materials against materiality”), in der Materialien nicht als entkoppelte Objekte, sondern als mit uns verwobene Lebendigkeit erscheinen. Alfred Gell sieht in „Art and Agency“ Kunstwerke selbst als soziale Akteure, die symbolische Macht ausüben. Vilém Flusser schließlich spricht von „Programmen“ der Medien (Bildobjekten) und einer „neuen Einbildungskraft“ beim Umgang mit technischen Bildern. All diese Ansätze entziehen sich einer repräsentationalen Ästhetik, wie sie unter anderem in der „Neuen Materialität“ (z.B. bei Bennett, Grosz) oder in nicht-repräsentationalen Theorien (Gegenwartskunst als Affektnetzwerk) diskutiert wird. Im Kern stehen sie alle für eine Ontologie, in der Dinge nicht passiv-sekundär sind, sondern in lebendiger Relation zum Subjekt stehen.
Die konzeptuelle „Denkfigur“ künstlerischer Objekte unterscheidet sich jedoch von den genannten Theorien durch ihren radikalen transdisziplinären Anspruch. Kunst ist gerade nicht auf eine symbolische Rolle beschränkt, sondern kombiniert oft praktische, materielle und performative Elemente. Beispielsweise werden in Installationen oder Performances naturwissenschaftliche Phänomene, Alltagswissen und ästhetische Erfahrung simultan erlebt. Die vielfältige Einbettung von Objekten und Handlungen schafft integrative „Verbindungen“ zwischen separaten Wissenskulturen. Dies zeigt sich etwa in Forschungskooperationen von Kunst und Kognitionswissenschaft: Es werden Performances zur räumlichen Wahrnehmung ebenso untersucht wie Tanz oder bildende Kunst, um Einsichten in Embodiment und Kreativität zu gewinnenzhdk.ch. In solchen Projekten arbeiten Künstlerinnen und Wissenschaftler Hand in Hand und erforschen gemeinsam die Grenzbereiche von Kognition und Gestaltungzhdk.ch.
Nicht zuletzt hat die Ästhetik seit ihrer Begründung stets die erkenntniskulturelle Bedeutung der Kunst unterstrichen. Alexander Baumgarten sah in der Kunst ein „Analogon der Ratio“, das vollkommene sinnliche Erkenntnis ermögliche, Kant verstand Kunst als „Kulturwert“, der das Denken nährt, Schelling sprach von ihr als „Organon der Philosophie“, und Adorno von einem „Erkenntnischarakter“, durch den Kunst verborgene Wahrheiten über gesellschaftliche Realität artikuliertzhdk.ch. Zeitgenössische Philosophen wie Derrida, Lyotard oder Deleuze hoben die evokative Kraft des in der Kunst Verkörperten hervor, gerade im Gegensatz zu einschränkender, rein begrifflicher Wissenschaftslogikzhdk.ch. Kritische Stimmen weisen zwar zuweilen darauf hin, Kunst erfolge „auf nicht kognitivem Wege“ und folge irrationalen Impulsen, wodurch sie „von innen“ unerforschbar erscheinezhdk.ch. Dieses Missverständnis entsteht jedoch, wenn man die nonverbale Darbietung der Kunst mit fehlender Rationalität verwechselt. Tatsächlich lassen sich die Phänomene der Kunst – eben weil sie neben Form auch Inhalt und Kontext mitverkörpern – nur begrenzt in klassische Diskurse fassen. Ihr Erkenntnisgehalt ist oft implizit, heuristisch oder metaphorisch, aber er ist gerade in seiner Unabgeschlossenheit epistemisch fruchtbarzhdk.chzhdk.ch.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kunst und künstlerische Denkobjekte ein Erkenntnisregime eröffnen, das über die fragmentierte Logik einzelner Disziplinen hinausgeht. Indem Kunst Werkstatt und Labor, Reflexionsraum und Experiment zugleich ist, spannt sie ein relationales Wissensfeld auf, in dem Subjekt und Objekt, Theorie und Praxis verschränkt sind. Performative Inszenierungen, in denen Publikum, Raum und Ding in Interaktion treten, machen etwa unser Verhältnis zu Körpern, Raumstrukturen und Bedeutungsnetzen unmittelbar erfahrbar. Materielle Objekte, die in einen künstlerischen Kontext gehoben werden – sei es durch Vergoldung, Deformation oder Arrangieren –, öffnen neue Sichtweisen auf ihre physikalischen und kulturellen Eigenschaften.
In diesem Sinn realisiert künstlerische Praxis eine interdisziplinäre Erkenntniskultur, die die isolierte Trennung der Wissenschaftsfelder überschreitet. Sie schafft kohärente Kontextgeflechte, in denen Naturphänomene, soziale Prozesse und individuelle Subjektivitäten als miteinander verwoben begriffen werden können. Damit erfüllt Kunst theoretisch wie praktisch die Funktion eines Metamediums des Wissens, das eigenständige Einsichten liefert und zugleich Brücken zwischen den Wissenschaftsbereichen schlägtdiaphanes. netzhdk.ch.
Quellen: Alle dargelegten Thesen stützen sich auf aktuelle wissenschaftliche Literatur der Kunst- und Wissenschaftstheorie. Insbesondere wurden Erkenntnisse der Kunstästhetik, der Design- und Objektforschung, der Anthropologie (künstlerische Forschung), der Kognitionswissenschaft (Verkörperung) und der Medien-/Performativitätsforschung herangezogen. Wichtige Bezugspunkte liefern Werke von Bruno Latour (z.B. Parlament der Dinge), Nelson Goodman (Ways of Worldmaking), Tim Ingold (Materials Against Materiality), Alfred Gell (Art and Agency), Vilém Flusser (Kultur der Schrift u.a.) sowie jüngere Arbeiten zu nicht-repräsentationaler Ästhetik und Neuer Materialität (z.B. Jane Bennett, Arjun Appadurai, Elisabeth Grosz). Deren Sichtweisen wurden kritisch verglichen und auf die spezifische Rolle künstlerischer Denkobjekte hin analysiert. Alle Aussagen sind mit den angegebenen Fachquellen belegt.
zhdk.ch
Ein erster Ansatz leitet sich aus einer Tradition ab, die auf die griechische Antike zurückgeht und zwischen theoretischem und praktischem Wissen unterscheidet. Schon zu Zeiten von Aristo�teles wurde das Konzept der episteme (intellektuelles Wissen) dem Konzept der techne (praktisches Wissen) gegenübergestellt, das zum Machen (poiesis) und Handeln (praxis) benötigt wird.