Unwissenheit

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Zur Notwendigkeit einer radikalen Aufklärung über symbolische Selbstanmaßungen des Menschen/Individuums

Die moderne Selbstbeschreibung des Menschen beruht weitgehend auf symbolischen Konstruktionen, die sich im Verlauf der Zivilisationsgeschichte verselbständigt haben.

Begriffe wie Individuum, Subjekt, Autonomie, Wille oder Selbstbestimmung fungieren nicht primär als Beschreibungen realer Funktionszusammenhänge, sondern als symbolische Zuschreibungen, die eine Souveränität behaupten, die materiell, biologisch und systemisch nicht gegeben ist. Diese Selbstzuschreibungen erzeugen eine Illusion von Unabhängigkeit gegenüber den Tätigkeits-, Abhängigkeits- und Rückkopplungssystemen, in die der Mensch faktisch eingebettet ist.

Radikale Aufklärung ist notwendig, weil diese symbolischen Selbstanmaßungen nicht folgenlos bleiben.

Sie strukturieren Recht, Ökonomie, Wissenschaft, Technik und Ethik auf der Grundlage eines symmetrischen Menschenbildes (50:50), das Trennung, Gleichsetzung und Beherrschbarkeit voraussetzt: Innen/Außen, Subjekt/Objekt, Geist/Natur. Aus dieser Konstruktion resultiert eine Unverletzlichkeitswelt, in der der Mensch sich selbst als symbolisch unantastbar imaginiert, während reale Verletzbarkeiten – ökologische, körperliche, soziale – externalisiert oder verdrängt werden. Die Konsequenz ist eine systematische Entkopplung von Handlung und Wirkung.

Eine radikale Aufklärung setzt daher nicht bei neuen Idealen an, sondern bei der Freilegung der Funktionsrealität.

Der Mensch ist kein autonomes Zentrum, sondern ein Knotenpunkt in asymmetrischen Prozessen: Stoffwechsel, Wahrnehmung, Technik, Sprache, soziale Resonanzen. Was als „Ich“ oder „Individuum“ erscheint, ist eine symbolische Maske (persona), die operative Abhängigkeiten verdeckt. Erst die Anerkennung minimaler Asymmetrien (51:49) – also permanenter Ungleichgewichte, Widerstände und Rückkopplungen – erlaubt eine realitätsfähige Anthropologie.

Diese Aufklärung ist radikal, weil sie den Menschen nicht bestätigt, sondern relativiert.

Sie zielt nicht auf Demütigung, sondern auf Verantwortungsfähigkeit: Verantwortung entsteht erst dort, wo die Illusion symbolischer Souveränität aufgegeben wird und Tätigkeitskonsequenzen wieder sichtbar werden. Ohne diese Aufklärung reproduziert der Mensch seine Selbstüberhöhung technisch immer effizienter – mit steigender Zerstörungskraft gegenüber sich selbst und seinen Existenzbedingungen.

Die Frage ist berechtigt: „Selbstanmaßungen“ ist bereits eine Deutung. Präziser ist es, die verschiedenen Ebenen der Selbstbezeichnung auseinanderzuhalten und sauber zu benennen. Die Phänomene lassen sich differenzieren, ohne sie vorschnell moralisch zu bewerten.


Zur Notwendigkeit einer radikalen Aufklärung über die symbolische Suggestion des Menschen-/Individuenverständnisses