Warum ist das Individuums- oder Menschseins Selbstverständnis nicht überlebensfähig
Ja, das heutige Verständnis des Individuums oder des Menschseins stößt oft auf Kritik, vor allem weil es stark von Individualismus, Konsumdenken und kurzfristigen Zielen geprägt ist. Hier sind einige Gedanken, warum dieses Verständnis problematisch oder langfristig sogar nicht überlebensfähig sein könnte:
- Übertriebener Individualismus: In vielen modernen Gesellschaften wird das Individuum als unabhängige, autonome Einheit betrachtet, die über ihrem Umfeld steht. Diese Vorstellung ignoriert jedoch die tiefe Verbundenheit des Menschen mit sozialen Netzwerken, Ökosystemen und kulturellen Kontexten. Der Fokus auf „Selbstverwirklichung“ kann isolierend wirken und führt häufig zu einer Entfremdung von Gemeinschaft und Natur. Menschen sind jedoch soziale Wesen, und ohne starke, belastbare soziale Bindungen könnte langfristig der Zusammenhalt und die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft gefährdet sein.
- Konsumorientiertes Selbstverständnis: Häufig wird das menschliche Glück heute mit Konsum, Besitztümern und äußerlichen Erfolgen gleichgesetzt. Diese materialistische Sichtweise ignoriert die Bedeutung tieferer Werte wie Mitgefühl, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit. Ressourcen werden ausgebeutet, und das Lebensmodell ist nicht nur umweltschädlich, sondern auch emotional wenig erfüllend, da der Mensch in einen Kreislauf aus Mangelgefühl und Konsumbefriedigung gerät.
- Kurzfristiges Denken und mangelndes Verantwortungsbewusstsein: Das heutige Selbstverständnis neigt oft zu einem kurzfristigen Denken, sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Anstatt Verantwortung für zukünftige Generationen und die Umwelt zu übernehmen, konzentrieren sich viele auf kurzfristige Gewinne und individuellen Nutzen. Das führt zu Entscheidungen, die Ressourcen ausbeuten und die natürlichen Grundlagen des Lebens schwächen, was langfristig das Überleben des Menschen auf diesem Planeten gefährdet.
- Fehlendes Bewusstsein für Interdependenz: Im modernen Verständnis des Individuums fehlt oft das Bewusstsein für die gegenseitige Abhängigkeit aller Lebewesen. Diese Ignoranz führt zu einer rücksichtslosen Haltung gegenüber Natur und Umwelt, die viele der heutigen ökologischen und sozialen Krisen begünstigt. Ein Mensch, der sich nur als „Macher“ und nicht als Teil eines größeren Systems sieht, ist weniger geneigt, respektvoll und nachhaltig mit Ressourcen und anderen Lebensformen umzugehen.
- Die Illusion der Kontrolle und Unverwundbarkeit: Das moderne Verständnis vermittelt oft das Gefühl, dass der Mensch durch Technologie und Wissenschaft alles kontrollieren kann und nahezu unverwundbar ist. Krisen wie die Klimakrise oder globale Pandemien zeigen jedoch die Grenzen dieser Denkweise auf. Ein Überleben erfordert eine Rückbesinnung auf Demut und die Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit sowie ein besseres Verständnis der natürlichen Zyklen, anstatt eine blindlings fortschreitende Technikgläubigkeit.
- Fehlende spirituelle und philosophische Tiefe: Viele Menschen erleben eine Sinnkrise, weil ihnen eine tiefere, existenzielle Basis fehlt. Das moderne Menschsein konzentriert sich oft auf das Physische und das Mentale, vernachlässigt jedoch das Spirituelle und Philosophische, das für eine erfüllte Existenz unerlässlich sein kann. Ohne diese Dimension fehlen Orientierung und ein tieferes Verständnis für das Leben, was zu einer emotionalen und psychologischen Leere führen kann.
Zusammengefasst könnte man sagen, dass das heutige Selbstverständnis des Individuums und des Menschseins Gefahr läuft, die Balance zwischen Ich und Wir, zwischen Konsum und Nachhaltigkeit, zwischen Kontrolle und Anpassungsfähigkeit zu verlieren. Ein zukunftsfähiges Verständnis müsste die gegenseitige Verbundenheit der Menschen untereinander und mit der Umwelt stärker betonen und den Menschen in einem Netzwerk von Verantwortung, Empathie und Nachhaltigkeit verorten.