Zusammenfassung des Gesamtkontextes: Plastische Anthropologie, symbolische Ordnung und Existenzfähigkeit des Menschen

Aus Globale-Schwarm-Intelligenz

Der vorliegende Gesamtkontext entwickelt schrittweise ein alternatives Menschenbild, das sich ausdrücklich von traditionellen, symmetrisch-dualistischen Vorstellungen des Subjekts löst. Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass der Mensch kein autonomes, substanzhaftes Zentrum ist, sondern eine zeitlich begrenzte Organisations- und Durchgangsform innerhalb umfassender Stoff-, Energie- und Prozesskreisläufe. Am Beispiel des Kohlenstoffs wird deutlich, dass der Mensch keinen exklusiven Besitz an Stoffen hat, sondern selbst Teil eines zirkulierenden Geschehens ist. Dieselbe Logik gilt für Wasser, Sauerstoff, Stickstoff, Calcium, Eisen sowie für Energie- und Elektronenflüsse. Identität liegt daher nicht im Stoff, sondern in der jeweiligen funktionalen Organisation von Tätigkeiten, Abhängigkeiten und Konsequenzen.

Auf dieser Grundlage wird ein plastisches Ordnungsmodell beschrieben, das mit einer minimalen Asymmetrie (51:49) operiert. Stabilität entsteht hier nicht durch Gleichgewicht oder perfekte Ordnung, sondern durch fortlaufende Verschiebung, Rückkopplung und Anpassung. Der Mensch erscheint als Knotenpunkt, Resonanzkörper und Vollzugseinheit innerhalb dieser Gefüge. Verletzlichkeit ist dabei kein Defizit, sondern die Voraussetzung von Lernfähigkeit, Responsivität und Überlebensfähigkeit. Wahrheit wird nicht als Meinungsfrage oder symbolische Zuschreibung verstanden, sondern als Bewährung in realen Rückkopplungen.

Dem plastischen Modell wird der spiegelbildliche 50:50-Symmetriedualismus gegenübergestellt. Dieser organisiert Mensch-Sein über feste Formen, klare Trennungen und normative Ideale wie perfekte Ordnung, Gleichheit und Autonomie. In dieser Logik wird der Mensch als Skulptur gedacht: abgeschlossen, vergleichbar, scheinbar unverletzlich. Abhängigkeiten, Stoffwechsel und Konsequenzen werden symbolisch überdeckt. Paradoxerweise erzeugt der Anspruch auf perfekte Gleichheit eine starke Zielgerichtetheit, die in extremen Ungleichgewichten (1:99) mündet. Der Mensch wird zum Träger von Rollen, Rechten und Identitäten und zugleich zur Ware im globalen Wettbewerb, in dem er sich selbst als Eigentum, Ressource und Objekt begreift.

Zentral ist die Einsicht, dass es sich hierbei nicht um zwei biologische Menschentypen handelt, sondern um zwei Organisationslogiken des Mensch-Seins. Beide können im selben Individuum auftreten, doch sie haben unterschiedliche Konsequenzen für Lebensfähigkeit. Die symbolisch fixierte Skulptur-Identität lebt von der Illusion der Unverletzlichkeit und entkoppelt sich von realen Rückkopplungsprozessen. Dadurch untergräbt sie langfristig ihre eigenen Existenzbedingungen – ökologisch, sozial und psychisch. Die plastische Identität hingegen bleibt eingebunden in Stoffwechsel, Beziehungen und Zeitlichkeit. Sie ist nicht allein, weil sie funktional verbunden ist, und sie ist fähig zu Verantwortung, weil sie Konsequenzen wahrnimmt und mitträgt.

Hermann Hesses literarisches Werk wird in diesem Zusammenhang als frühe, existenzielle Beschreibung desselben Grundkonflikts gelesen. In Texten wie Demian und Der Steppenwolf thematisiert Hesse den inneren Krampf, der aus der Fixierung auf symbolische Ordnung, moralische Reinheit und feste Identität entsteht. Dem stellt er keine beliebige Relativierung entgegen, sondern eine existentielle Bewährungslogik: Leben gelingt dort, wo der Mensch bereit ist, Widerspruch, Verletzlichkeit und Prozesshaftigkeit anzunehmen. Hesse beschreibt damit literarisch den Übergang von einer skulpturalen zu einer plastischen Existenzform.

Der Gesamtkontext verdichtet sich somit zu einer grundlegenden anthropologischen Aussage: Der Mensch ist nicht primär ein autonomes Subjekt oder Träger symbolischer Identitäten, sondern ein plastischer Vollzug innerhalb rückgekoppelter Weltprozesse. Überlebensfähig ist nicht die Existenzform, die sich über Abstraktion, Besitz und Unverletzlichkeit definiert, sondern jene, die ihre Abhängigkeiten anerkennt und aktiv mit ihnen lebt. Die bewusste Setzung auf 51:49 statt 50:50 ist in diesem Sinne keine moralische Position, sondern eine Entscheidung für Lebensfähigkeit, Zusammenwirken und reale Weltbindung.