Abstrakt:

Aus Globale-Schwarm-Intelligenz

Plastische Anthropologie

Abstract:

Die Plastische Anthropologie versteht den Menschen nicht als autonomes Individuum, sondern als Funktionsteil eines umfassenderen Stoffwechselorganismus. Leben ist nur möglich durch ein Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten, in dem Atem, Mineralien und andere Lebensbedingungen geteilt werden. Begriffe wie „Mensch“ oder „Individuum“ verdecken diese fundamentale Eingebundenheit und erzeugen die Illusion einer Unabhängigkeit.

Zugleich besitzt dieses Funktionsteil – der Mensch – die Fähigkeit, in die physikalische Welt einzugreifen und tiefgreifende Veränderungen hervorzurufen. Jede Tätigkeit erzeugt Konsequenzen, die auf Widerstände treffen und in einem doppelten Referenzsystem rückgekoppelt werden. Dieses System balanciert zwischen Minimum und Maximum (51/49) und markiert damit den Raum zwischen Funktionieren und Scheitern. Wird das Maximum überschritten, entstehen Kipppunkte, an denen Systeme ins Chaos geraten können.

Das gegenwärtige Ich-Bewusstsein zeigt dabei eine begrenzte Kompatibilität mit den tatsächlichen Tätigkeitskonsequenzen. Ausgehend von der Arbeitsweise des Gehirns, das stets den kürzesten Weg zu einem Ziel sucht, werden Konstrukte, Symboliken und Konzepte als neue Realität wahrgenommen. Sie haben jedoch oft keinen Bezug zur Unmittelbarkeit der Handlungskonsequenzen. Hier entsteht der Bruch des „neuen Menschen“: Er reagiert nicht unmittelbar und übernimmt damit keine Verantwortung für die Folgen seines Handelns, obwohl er in genau diesen Konsequenzen lebt und in sie eingreift. Tiere dagegen reagieren automatisch und unmittelbar durch Anpassungsmechanismen, die über Milliarden Jahre hinweg erprobt und reguliert wurden. Dieses Maß an evolutionärer Rückkopplung kann der Mensch nicht ignorieren, auch wenn er es durch seine symbolische Wirklichkeitskonstruktion zu verdrängen versucht.

Im künstlerischen Prozess wird dieser Zusammenhang exemplarisch sichtbar: Eine Idee aus der Unverletzlichkeitswelt (geistiges Ich-Bewusstsein, Inspiration, Konzeption) trifft auf die Verletzungswelt der physikalischen Materialität (Referenz-Ich-Bewusstsein). Widerstände durch Material, Werkzeug und Technik fordern das Subjekt heraus, ermöglichen aber auch neue Gestaltungen. Kunst verweist so auf das handwerkliche Lernen, das jeder technischen Entwicklung zugrunde liegt, und eröffnet die Möglichkeit eines neuen Ich-Bewusstseins: eines Bewusstseins, das Tätigkeitskonsequenzen nicht verdrängt, sondern in der Auseinandersetzung mit Widerständen anerkennt und integriert.

So wird Kunst zum Labor, in dem das Wechselspiel von Tätigkeit, Widerstand und Rückkopplung erfahrbar wird – ein Modell für die Anthropologie des Menschen als plastisches, eingebundenes und zugleich eingreifendes Wesen.

Doppelt

Plastische Anthropologie – ein erweiterter Entwurf

Die Plastische Anthropologie versteht den Menschen nicht als autonomes Individuum, sondern als Funktionsteil eines umfassenderen Stoffwechselorganismus. Leben ist nur möglich durch ein Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten, in dem Atem, Mineralien und andere Lebensbedingungen geteilt werden. Begriffe wie „Mensch“ oder „Individuum“ verschleiern diese fundamentale Eingebundenheit und erzeugen die Illusion einer Unabhängigkeit. Tatsächlich existiert kein Leben ohne Stoffwechsel, ohne Austausch mit einem größeren Organismus.

Zugleich ist der Mensch als Funktionsteil in der Lage, in die physikalische Welt einzugreifen und massive Veränderungen hervorzurufen. Jede Tätigkeit bringt Konsequenzen hervor, die auf Widerstände treffen und rückgekoppelt werden. Diese Dynamik folgt einem doppelten Referenzsystem, das zwischen Minimum und Maximum balanciert (51/49). Dieses System markiert die Schwelle zwischen Funktionieren und Nicht-Funktionieren; wird das Maximum überschritten, treten Kipppunkte auf, an denen ganze Systeme ins Chaos kippen können.

Das Problem liegt jedoch darin, dass das gegenwärtige Ich-Bewusstsein des Menschen mit diesen Tätigkeitskonsequenzen kaum kompatibel ist. Das Gehirn arbeitet in der Regel zielgerichtet auf dem kürzesten Weg und erzeugt dabei Konstrukte, Symboliken und Konzepte, die dem Menschen als Realität erscheinen. Diese Konstrukte haben jedoch keinen unmittelbaren Bezug zu den realen Handlungsfolgen. Daraus entsteht der Bruch des „neuen Menschen“: Er reagiert nicht auf die Konsequenzen seines Tuns, übernimmt keine Verantwortung und bleibt blind für die Rückkopplung seiner eigenen Tätigkeit.

Im Unterschied dazu leben Tiere in einer Unmittelbarkeit: Sie reagieren automatisch über Anpassungsmechanismen, die in Milliarden Jahren evolutionär erprobt, überprüft und reguliert wurden. Diese Mechanismen bilden die Maßstäbe, an denen das Leben sich kontrolliert und stabilisiert hat. Der Mensch kann sich dieser Maßstäbe nicht dauerhaft entziehen – auch wenn er sie über symbolische Realitätskonstruktionen zu ignorieren versucht.

Besonders deutlich zeigt sich dieser Widerspruch im Verhältnis von Lernen und Technik. Der Fortschritt der Technik ist überhaupt nur möglich geworden, weil Lernen stattfand – insbesondere über das Handwerkliche, das an Widerstände, Materialien und konkrete Probleme gebunden ist. Technik ist daher nie nur Abstraktion, sondern beruht auf einer Auseinandersetzung mit realen Rückkopplungsprozessen. Gleichzeitig verweigert der Mensch jedoch vielfach das Lernen im Bereich seiner eigenen Handlungskonsequenzen. Er entwickelt Technik weiter, aber er übersieht die langfristigen Rückwirkungen seines Tuns auf Umwelt, Gesellschaft und Organismus. Hier liegt die eigentliche Krise: ein Fortschritt ohne Verantwortungslernen.

Die Plastische Anthropologie bietet hier ein Modell, um dieses Spannungsfeld sichtbar zu machen. Im künstlerischen Prozess tritt es besonders klar hervor: Eine Idee aus der Unverletzlichkeitswelt (geistiges Ich-Bewusstsein, Inspiration, Konzeption) trifft auf die Verletzungswelt der physikalischen Materialität (Referenz-Ich-Bewusstsein). Widerstände durch Material, Werkzeug und Technik konfrontieren das Subjekt mit seinen eigenen Grenzen. Hier wird Lernen unvermeidlich, weil Widerstand und Rückkopplung nicht ausgeblendet werden können. Kunst verweist so auf das Handwerkliche, das dem technischen Fortschritt zugrunde liegt, und eröffnet die Möglichkeit eines neuen Ich-Bewusstseins – eines Bewusstseins, das die Konsequenzen des eigenen Handelns anerkennt und integriert.

Damit wird die Kunst zum Labor für Anthropologie: Sie zeigt den Menschen als plastisches, eingebundenes und zugleich eingreifendes Wesen, das seine Eingebundenheit in Stoffwechsel und Rückkopplung nicht verdrängen kann, sondern lernen muss, mit ihr zu arbeiten.